Jaroslav Křička – Wikipedia

before-content-x4

Tschechischer Komponist

Dirigent George Szell und Komponist Jaroslav Křička

Dirigent George Szell und Komponist Jaroslav Křička (rechts) während der Inszenierung von Křičkas Oper Bílý pán (Der Herr in Weiß) in Prag, April 1932.

Jaroslav Křička (Tschechisch: [ˈjaroslaf ˈkr̝̊ɪt͡ʃka]; August 1882 in Kelč, Mähren – 23. Januar 1969 in Prag) war ein tschechischer Komponist, Dirigent und Musiklehrer. Er war der Bruder des Dichters Petr Křička[de].

Jaroslav Křička wurde als ältestes von drei Geschwistern in die Familie des Kelčer Dorfkantors und Schulleiters František Křička (1848–1891) hineingeboren. Seine Mutter war Františka Křičková (1861-1936). Sein Bruder Petr Křička (1884–1949) wurde später ein bekannter Dichter und seine Schwester Pavla Křičková (1886–1972) wurde Schriftstellerin. Ihr Vater unterstützte mit Begeisterung die musikalische Ausbildung seiner Kinder; Jaroslav erhielt als Kind Geigen-, Klavier- und Gesangsunterricht.[1]

Er besuchte das Gymnasium in Havlíčkův Brod und schloss sein Studium im Jahr 1900 ab. Als Gymnasiast gründete er sein eigenes Vokalquartett, Streichquartett und Schülerorchester und begann zu komponieren. Nach dem Abitur zog er nach Prag und studierte von 1902 bis 1905 am Prager Konservatorium. Bei Josef Klicka studierte er Orgel, Orchestrierung und Harmonielehre. Er studierte Dirigieren bei Karel Knittl[cs] und Komposition mit Karel Stecker[cs]. Seine musikalischen Vorbilder waren die berühmten tschechischen Komponisten Antonín Dvořák, Bedřich Smetana und Zdeněk Fibich, später auch die tschechischen Modernisten Vítězslav Novák und Josef Suk.[1]

Nach einem einjährigen Studium in Berlin (1905–1906) zog er für drei Jahre nach Russland (1906–1909) und unterrichtete an der Kaiserlichen Musikschule in Jekaterinoslaw Musiktheorie, Harmonielehre und Kammermusik. Dort gründete er ein Orchester, mit dem er Werke von Antonín Dvořák und Bedřich Smetana aufführte. In Russland knüpfte er Freundschaften mit den Komponisten Alexander Glasunow und Sergei Tanejev. Křička ließ sich von russischer Poesie und Musik inspirieren, wobei insbesondere das Werk der Komponisten Mikhail Glinka und Modest Mussorgsky seine Kompositionen beeinflusste. In Ekaterinoslav schrieb er eines seiner berühmtesten Lieder, “Albatros” aus dem Zyklus Severní noci (Nördliche Nächte). Auch Mussorgskys Liederzyklen für Kinder inspirierten ihn zu eigenen Kinderliedern.[1][2]

Křička zog 1909 nach Prag und leitete von 1911 bis 1920 den Prager Chor Hlahol[cs]. Seine Amtszeit als Direktor bot ihm die Möglichkeit, neben der Uraufführung von Nováks Kantate auch zahlreiche Werke zeitgenössischer tschechischer Komponisten wie Leoš Janáček, Vítězslav Novák und Otakar Jeremiáš zu studieren Svatební košile (Das Hochzeitshemd), Op.48. In dieser Zeit begann er auch sein erstes großes Werk: die Oper Hipolyta. Ab 1911 setzte er sich für seinen ehemaligen Lehrer Karel Stecker am Prager Konservatorium ein und wurde nach Steckers Tod 1919 zum ordentlichen Professor für Komposition berufen.

Am 14. Oktober 1918 heiratete er Marie Krbová, eine Pianistin und Sängerin des Hlahol-Chores, die bei Josef Bohuslav Foerster studierte. Zusammen mit seinem Schüler Jaroslav Řídký leitete Křička von 1922 bis 1930 den Chor der Tschechischen Philharmonie. In den kritischen Jahren des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Besatzung (1942–1945) war er auch Rektor des Konservatoriums.[1]

Während seiner langjährigen Lehrtätigkeit am Prager Konservatorium hat Jaroslav Křička zahlreiche Komponisten ausgebildet, darunter Jaroslav Řídký, Karel Hába, Emil Hlobil, Karel Janeček, Václav Trojan, Ján Cikker, Jan Kapr und Jarmil Burghauser. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in den friedlichen Ausläufern des Böhmerwaldes, wo er sich im Dorf Červené Dvorce bei Sušice seiner Komposition widmete.[1] Er ist auf dem Friedhof Vyšehrad in Prag beigesetzt.

Gedenktafel zur Erinnerung an das Geburtshaus der Gebrüder Křička in Kelč.

Gedenktafel zum Gedenken an das Familienhaus der Gebrüder Křička in Kelč.

1936 gewann Jaroslav Křička eine Bronzemedaille bei den Kunstwettbewerben der Olympischen Spiele für seine Horácká Suita (Horácko Suite auch bekannt Bergsuite), Op. 63.[3]

1921 wurde er zum Mitglied der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und Künste gewählt und 1957 erhielt er den angesehenen Titel des Verdienten Künstlers (Zasloužilý umělec). Das Museum der Brüder Křička befindet sich in seiner Heimatstadt Kelč.[4]

Jaroslav Křičkas Werk umfasst fast alle musikalischen Genres, in seinen Worten „von der Leidenschaft bis zur Operette“.[2] mit einem deutlichen Schwerpunkt auf Gesangskompositionen. Neben Liederzyklen und Kantaten komponierte er auch Opern, Operetten, Schauspielmusik, Sinfonien, Streichquartette und Kammermusikwerke. Seine Kompositionen für Kinder waren für seine Zeit bedeutend und einzigartig; er schrieb zahlreiche Kinderliederzyklen und die erste tschechische Kinderoper, Ogaři (1918). Am Ende der Stummfilmzeit begann Křička mit der Komposition von Filmmusiken;[5] 1929 schrieb er die Musik für den historischen Film Svatý Václav, das an den tausendjährigen Tod des böhmischen Herrschers Wenzel I erinnerte. Nach 1945 begann er mit der Komposition von Operetten.

Neben seinen musikalischen Kompositionen verfasste Křička viele Abhandlungen über Musik und veröffentlichte regelmäßig in Musikzeitschriften Hudební-Revue und Hudební rozhledy.

Liederzyklen[edit]

  • Severní noci (Nördliche Nächte), Op. 14 (1909/1910), vier Lieder nach Gedichten von Konstantin Balmont
    • 1. Albatros (Albatros)
    • 2. Labuť (Schwan)
    • 3. Ukolébavka (Wiegenlied)
    • 4. U skandinávských skal (An den Klippen Skandinaviens)
  • O lásce a smrti (Über Liebe und Tod), Op. 15 (1910), vier Lieder nach Texten von Konstantin Balmont
  • Písně rozchodu (Abschiedslieder), Op. 19 (1916), vier Lieder nach Texten von Otakar Theer[cs]
  • Tři bajky pro soprán a klavír (Drei Fabeln für Sopran und Klavier), (1917), nach Märchen von Božena Němcová und den Fabeln von Alexander Afanasyev
  • Jaro pacholátko (Frühlingskind), Op. 29 (1919), drei Rezitative für hohe Stimme und Klavier
  • Jiříčkovy písničky (Lieder des kleinen Jiří), Op. 36 (1917, 1922-1923), Sammlung von Kinderliedern
  • Daniny písničky a říkadla (Danas Lieder und Reime), Op. 49 (1928), Kinderlieder und Reime für Kleinkinder
  • Míšovy písničky (Míšas Lieder) (1932), Sammlung von Kinderliedern
  • Naše paní Božena Němcová (Unsere Liebe Frau Božena Němcová), Op. 112 (1954), fünf Lieder für Mezzosopran und Orchester nach Texten von František Halas.

Kantaten[edit]

  • Pokušení na poušti (Versuchung in der Wüste), Op.-Nr. 34 (1922), Kantate für Soli, Chor, Orchester und Orgel nach dem Matthäusevangelium (Text aus der Kralitzer Bibel)
  • Studentské vzpomínky (Studentenerinnerungen), Kantate für Soli, Chor und Orchester
  • Tyrolské elegie (Tiroler Elegien), Op. 52 (1930), Kantate für Soli, Männerchor und Orchester nach einem Gedicht von Karel Havlíček Borovský
  • Moravská kantáta (Mährische Kantate), Op. 65 (1935) für gemischten Chor, Soli und Orchester
  • Valašská jitřní mše (Walachische Morgenmesse) (1941) für Soli, gemischten Chor und Orchester nach einem Text von František Táborský
  • Requiem in memoriam fratris dilectissimi, op. 96 (1949) zum Gedenken an seinen Bruder Petr Křička

Orchesterwerke[edit]

  • 1. Sinfonie d-Moll („Jarní“) (1905), „Frühlingssinfonie“
  • 2. Sinfonie a-Moll (“Letní”) (1907), “Sommersymphonie”
  • Modrý pták (Blauer Vogel), Op. 16 (1911), Ouvertüre zum Märchenstück von Maurice Maeterlinck.
  • Adventus, Op. 33 (1921)
  • Horácká Suita (Horácko-Suite auch bekannt Bergsuite), Op. 63 (1936) gewann den 3. Preis im Kompositionswettbewerb der Olympischen Sommerspiele 1936

Kammermusik[edit]

  • 1. Streichquartett D-Dur (“Ruský”) (1907), “Russisches Streichquartett”
  • Divertimento Novodvorico (1921), Serenade für Streichquartett
  • Sonate e-moll für Violine und Klavier („Památce Jana Štursy“), Op. 40 (1925), “In Gedenken an Jan Štursa”
  • Klaviertrio („Malé domácí-Trio“), Op. 38 (1934), “Kleines häusliches Trio”
  • 2. Streichquartett e-moll (1938)
  • 3. Streichquartett („Valašský“) (1949), „Walachisches Streichquartett“

Bühnenwerke[6][edit]

  • Zmoudření Dona Quijota (Don Quijote erlangt seine Weisheit), Op. 18 (1914), Musik zum Bühnenstück von Viktor Dyk
  • Hippolyta (Hippolyta), Op. 20 (1916), Oper (Uraufführung am 10. Oktober 1917 im Prager Nationaltheater)
  • Ogaři (Die Jungs), Op. 27 (1918), Kinderoper nach Texten von Ozef Kalda
  • Bílý pán aneb Těžko se dnes duchům straší (Der Herr in Weiß, oder es ist hart, Geister heute zu erschrecken), Op. 50 (1929), Musical-Komödie nach Oscar Wildes Kurzgeschichte “The Canterville Ghost”
  • Tlustý pradědeček, lupiči a detektývové aneb Dobře to dopadlo (Der dicke Urgroßvater, die Räuber und die Detektive, oder es wurde gut), Op. 56 (1932), Kindersingspiel
  • České jesličky (Tschechische Krippe), Op. 69 (1937), Weihnachtssingspiel
  • Hra na květinky. Aoieu, jaro již je tu! (Ein Blumenspiel. AEIOU, der Frühling steht vor der Tür!), Op. 71 (1937), Singspiel für Kinderchöre
  • Král Lávra (König Lávra), Op. 73 (1939), gesungenes Ballett nach einem Gedicht von Karel Havlíček Borovský
  • Psaníčko na cestách aneb Pošťácká pohádka (Ein Brief auf einer Reise oder das Märchen des Postboten) , Op. 79 (1941), Kindersingspiel nach einem Märchen von Karel Čapek
  • Jáchym a Juliana (Joachim und Julianna), Op. 90 (1948), Oper
  • Zahořanský hon (Die Jagd von Zahořany), Op. 98a (1949), Musikkomödie nach einer Erzählung von Alois Jirásek
  • Český Paganini aneb Slavík a Chopin (tschechisch Paganini oder Slavík und Chopin) (1951), Operette
  • Kolébka (Die Wiege), Op. 101 (1950), Musikkomödie mit Liedern und Tänzen nach einer Erzählung von Alois Jirásek
  • Tichý dům (Das stille Haus), Op. 105 (1952), Operette nach einer Erzählung von Jan Neruda
  • Polka vítězí (Die Polka gewinnt), Op. 111 (1954), Operette
  • Zirkus Humberto (Zirkus Humberto), Op. 118 (1955), Operette
  • Kalhoty (Die Hose) (1962), Singspiel
  • Pohádka o 12 měsíčkách (Märchen der 12 Monate) (1962), Singspiel für Schulkinder nach einem Märchen von Božena Němcová
  • Dvě komedie televizní: 1. Měsíc divů; 2. Šlechetný kasař aneb s poctivostí nejdál dojdeš (Zwei Fernsehkomödien: 1. Der Monat der Wunder; 2. Der edle Tresorknacker oder Ehrlichkeit ist die beste Politik) (1963), zwei Opernminiaturen

Filmmusik[7][edit]

Literatur[edit]

  • Ondřej Maňour: Křička, Jaroslav. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 10 (Kemp – Lert). Bärenreiter/Metzler, Kassel ua 2003, ISBN 3-7618-1120-9, Sp. 712–715 (Online-Eintrag, Abonnement für Vollzugriff erforderlich)
  • Jaromíra Trojanová: Jaroslav Křička: personánlí bibliografie. Státní vědecká knihovna, Brno 1984 (tschechisch, 81 Seiten).

Verweise[edit]

Externe Links[edit]


after-content-x4