Anton Friedrich Zschetzsche – Wikipedia

before-content-x4

Anton Friedrich Zschetzsche

Anton Friedrich Zschetzsche (* 15. August 1856 in Groß Seelowitz (Židlochovice), Mähren; † 31. August 1922 in Mödling) war ein österreichischer Bauingenieur, Brückenbauer und Hochschullehrer.

after-content-x4

Zschetzsche war der Sohn eines Kupferschmiedes, der in der örtlichen Zuckerfabrik angestellt war. Nach seiner Matura an der Oberrealschule in Brünn, die er mit einem sehr guten Zeugnis abgeschlossen hatte, schrieb er sich 1875 an der Deutschen Technischen Hochschule Brünn dem Studiengang des Bauingenieurs ein. Noch vor dem Ende seines Studiums übernahm Zschetzsche die Stelle einer wissenschaftlichen Hilfskraft an der Lehrkanzel für Brückenbau und Baumechanik an seiner Alma Mater.

Nach dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums 1880 blieb Zschetzsche seiner Universität als Assistent an seinem Lehrstuhl noch für zwei Jahre treu.

1882 übernahm er die Stelle eines Bauingenieurs an der Erzherzog Friedrichschen Kameraldirektion in Teschen. Dort war er maßgeblich am Aufbau der Infrastruktur des in dieser Zeit prosperierenden neuen Schienenverkehrs im Herzogtum Teschen beteiligt. Verantwortlich zeichnete er insbesondere für den Entwurf und die Bauausführung der neu zu errichtenden Brücken des Herzogtums.

Fördergerüst Zeche Sterkrade Strebengerüst der Bauart Zschetzsche

Anfang 1888 wechselte Zschetzsche als Leiter des Brückenbaubüros der Schlick’schen Maschinenfabrik nach Budapest,[1] bei der er aber schon nach einem Jahr wieder den Dienst quittierte. Ihn zog es 1889 in das Großherzogtum Hessen an das MAN Werk Gustavsburg, an der Mündung des Mains in den Rhein. In Gustavsburg zeichnete er als Konstrukteur bei der Planung und der Bauausführung von Brücken verantwortlich, insbesondere als Mitarbeiter von Anton von Rieppel beim Bau der Müngstener Brücke und mit Max Carstanjen bei der Konstruktion der Wuppertaler Schwebebahn. 1896 wechselte Zschetzsche als beratender Ingenieur nach Nürnberg an die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, die Muttergesellschaft des Werkes in Gustavsburg.

In dieser Zeit, 1897, heiratete er in Bamberg die aus dieser Stadt stammende Erdmuthe Euphrosine Boveri, deren Bruder Otto Boveri ein angesehener Maler und deren Vetter Walter Boveri Mitbegründer der Brown, Boveri & Cie. war. Das Paar hatte drei Söhne; die einzige Tochter verstarb schon 1899 kurz nach der Geburt.

after-content-x4

Nach zwei Jahren in Nürnberg zog es ihn 1898 weiter nach Dortmund an die Brückenbauanstalt August Klönne, bei der er eine Stelle als Oberingenieur angeboten bekommen hatte, aber schon 1900 kehrte er dann wieder in seine Heimat nach Österreich zurück.

Trotz der nur kurzen zweijährigen Zeitspanne hinterließ er mit der Konzeption und Konstruktion eines neuen Fördergerüstes, das als Strebengerüst der Bauart Zschetzsche seinen Namen trägt[2] im Ruhrgebiet ein Vermächtnis, das als Industriedenkmal, zum Beispiel auf der stillgelegten Zeche Sterkrade in Oberhausen[3] bis heute einen Nachweis von seinem Wirken im ehemaligen Kohlenrevier Zeugnis gibt.

Zurück in Österreich, wo er mit seiner Familie in Mödling einen Wohnplatz gefunden hatte, fuhr er täglich mit seinem Fiaker nach Wien[4], wo er zunächst das Technische Zentralbureau der Aktiengesellschaft K. Ph. Wagner leitete, bis er bis er dann 1902 als Professor an die TU Wien berufen wurde.[4]

In seinen Vorlesungen stand in der Regel das Fachwerk im Vordergrund, an dem er sein besonderes Interesse und seine Liebe im Detail gefunden hatte, so partizipierten auch seine Studenten aus seinen Erfahrungen in Gustavsburg. 1917 betreute Zschetzsche mit Friedrich Hartmann die Dissertation von Friedrich Bleich über den Viermomentensatz und seine Anwendungen auf die Berechnung statisch unbestimmter Systeme.[5]

Private Probleme und die schweren Zeiten während und nach dem Ersten Weltkrieg ließen den in jungen Jahren lebensfrohen Zschetzsche verbittern und so wählte er 1922 den Freitod, nachdem er zuvor seine persönlichen Unterlagen und Akten aus der TU Wien vernichtet hatte.[4]

Anton Friedrich Zschetzsche war Mitglied des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI).[6][7]

  • Theorie lastverteilender Querverbände. In: Österreichische Ingenieur- und Architekten-Zeitschrift, 45, 1893, Heft 43, S. 553–562, Heft 44, S. 572–579, Heft 45, S. 588–593, Heft 46, S. 607–611.
  • Die Kuppel des Reichstagshauses. In: Österreichische Ingenieur- und Architekten-Zeitschrift, 53, 1901, Heft 4, S. 52–60, Heft 5, S. 65–70, Heft 6, S. 81–87.
  • Die graphische Statik. Vorlesungsmitschrift nach einem handschriftlichen Manuskript vervielfältigt. TH Wien, 1903.
  • Zur Frage: Formänderungsarbeit bei Torsion. In: Österreichische Wochenschrift für den öffentlichen Baudienst, 11, 1905.
  • Handbuch der Baustatik: Vorträge und Abhandlungen von A. F. Zschetzsche. Band 1: Anordnung, statische Kennzeichnung und statische Wertung der Tragweite mit Berücksichtigung der Kriegsbrücken-Systeme; 1912; Verlag: Bagel, Düsseldorf[8].
  1. Schlick-Nicholson’sche Maschinen- Waggon und Schiffs-Fabrik A.-G. Albert Gieseler, abgerufen am 18. November 2020.
  2. Fördergerüste. Rheinische Industriekultur, abgerufen am 20. November 2020.
  3. Zeche Sterkrade… oder was davon noch übrig ist. Detlefs Notizblog, abgerufen am 20. November 2020.
  4. abc Albert Zschetzsche, Ernst Melan: Anton Friedrich Zschetzsche – Ein Leben für die Technik und den Fortschritt. AZ² Maschinenbau und Verfahrenstechnik, abgerufen am 18. November 2020.
  5. Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Ernst & Sohn, Berlin 2018, ISBN 978-3-433-03229-9, S. 973.
  6. Verein Deutscher Ingenieure (Hrsg.): Mitgliederverzeichnis 1891. Berlin 1891, S. 17.
  7. Verein Deutscher Ingenieure (Hrsg.): Mitgliederverzeichnis 1914. Berlin 1914, S. 489.
  8. Handbuch der Baustatik, erster Buchteil. booklooker, abgerufen am 19. November 2020.

after-content-x4