Äquivalenz (Kategorientheorie) – Wikipedia
Die Äquivalenz von Kategorien ist eine Beziehung, die im mathematischen Teilgebiet der Kategorientheorie zwischen zwei Kategorien bestehen kann. Zwei äquivalente Kategorien haben dieselben kategoriellen Eigenschaften. Viele wichtige mathematische Theorien behaupten die Äquivalenz zweier Kategorien.
Eine Äquivalenz zwischen zwei Kategorien
C{displaystyle {mathcal {C}}}D{displaystyle {mathcal {D}}} und
F:C→D{displaystyle Fcolon {mathcal {C}}rightarrow {mathcal {D}}} ist ein Funktor
G:D→C{displaystyle Gcolon {mathcal {D}}rightarrow {mathcal {C}}} , zu dem es einen weiteren Funktor
F∘G≅IdD{displaystyle Fcirc Gcong mathrm {Id} _{mathcal {D}}} gibt, so dass
G∘F≅IdC{displaystyle Gcirc Fcong mathrm {Id} _{mathcal {C}}} und
, wobei
IdD{displaystyle mathrm {Id} _{mathcal {D}}} und
C{displaystyle {mathcal {C}}} die identischen Funktoren auf
D{displaystyle {mathcal {D}}} bzw.
≅{displaystyle cong } seien und
die natürliche Äquivalenz zwischen den Funktoren bezeichne.
Man nennt zwei Kategorien
C{displaystyle {mathcal {C}}}D{displaystyle {mathcal {D}}} und
C≃D{displaystyle {mathcal {C}}simeq {mathcal {D}}} äquivalent, wenn es eine Äquivalenz zwischen ihnen gibt, und schreibt in diesem Fall
.[1]
Da es keine Klasse aller Kategorien gibt, denn eine Kategorie, die keine Menge ist, kann nicht Element von irgendetwas sein, ist die oben definierte Äquivalenz streng genommen keine Äquivalenzrelation, denn sie ist nicht auf einer Klasse definiert. Die Äquivalenz erfüllt aber die Eigenschaften einer Äquivalenzrelation, das heißt:
Diese Eigenschaften rechtfertigen den Namen Äquivalenz in obiger Definition.
Äquivalenzen können auch kontravariant sein, dann sind die Funktoren aus obiger Definition kontravariant. Eine kontravariante Äquivalenz zwischen
C{displaystyle {mathcal {C}}}D{displaystyle {mathcal {D}}} und
Cop{displaystyle {mathcal {C}}^{op}} ist dasselbe wie eine (kovariante) Äquivalenz zwischen
D{displaystyle {mathcal {D}}} und
Cop{displaystyle {mathcal {C}}^{op}} , wobei
C{displaystyle {mathcal {C}}} die zu
duale Kategorie sei.
Der Funktor
G{displaystyle G}F{displaystyle F} aus obiger Definition ist nicht eindeutig durch
G′{displaystyle G’} bestimmt. Ist
G{displaystyle G} ein weiterer Funktor, der dieselben Bedingungen wie
G{displaystyle G} erfüllt, so lässt sich aber leicht zeigen, dass zwischen
G′{displaystyle G’} und
G{displaystyle G} eine natürliche Äquivalenz bestehen muss. Daher ist
G{displaystyle G} bis auf natürliche Äquivalenz eindeutig bestimmt und man nennt
F{displaystyle F} die Pseudo-Inverse zu
.[3]
Alle kategoriellen Konstruktionen übertragen sich mittels Äquivalenz von einer Kategorie zur anderen, denn solche Konstruktionen sind nur bis auf Isomorphie eindeutig. Als Beispiel betrachten wir eine Äquivalenz
F:C→D{displaystyle Fcolon {mathcal {C}}rightarrow {mathcal {D}}}C1,C2{displaystyle C_{1},C_{2}} , und zu zwei Objekten
C{displaystyle {mathcal {C}}} aus
C1×C2{displaystyle C_{1}times C_{2}} existiere das Produkt
F(C1)×F(C2){displaystyle F(C_{1})times F(C_{2})} . Dann existiert auch das Produkt
D{displaystyle {mathcal {D}}} in
F(C1×C2){displaystyle F(C_{1}times C_{2})} (und ist isomorph zu
). Das rechnet man einfach nach. Auch kategorielle Morphismen-Eigenschaften wie Monomorphismus oder Epimorphismus bleiben erhalten, ebenso Anfangs- oder Endobjekte.
- Isomorphe Kategorien sind äquivalent, denn offenbar sind Isomorphismen Äquivalenzen.[4]
- Es sei
Komp{displaystyle {mathcal {Komp}}} die Kategorie der kompakten Hausdorffräume. Für jeden kompakten Hausdorffraum K{displaystyle K} sei C(K){displaystyle C(K)} die kommutative C*-Algebra der stetigen Funktionen f:K→C{displaystyle f:Krightarrow mathbb {C} } . Indem man eine stetige Funktion φ:K→K′{displaystyle varphi :Krightarrow K’} auf den C*-Algebren-Homomorphismus C(φ):C(K′)→C(K),f↦f∘φ{displaystyle C(varphi ):C(K’)rightarrow C(K),,fmapsto fcirc varphi } schickt, erhält man einen kontravarianten Funktor von Komp{displaystyle {mathcal {Komp}}} in die Kategorie comC1∗{displaystyle {mathcal {comC}}_{1}^{*}} der kommutativen C*-Algebren mit Einselement. Der erste Satzes von Gelfand-Neumark hat zum Inhalt, dass dieser Funktor C{displaystyle C} eine Äquivalenz ist, das heißt man hat Komp≃comC1∗{displaystyle {mathcal {Komp}}simeq {mathcal {comC}}_{1}^{*}} . Es liegt natürlich keine Isomorphie der Kategorien vor, da nicht jede kommutative C*-Algebra mit Einselement wirklich eine Algebra stetiger Funktionen auf einem kompakten Hausdorffraum ist, sondern eben nur bis auf Isomorphie.[4] - Sei
BSp{displaystyle {mathcal {BSp}}} die Kategorie der booleschen Räume, das ist die volle Unterkategorie von Komp{displaystyle {mathcal {Komp}}} , die aus allen total unzusammenhängenden Räumen, kompakten Hausdorffräumen besteht. Für jedes solche K{displaystyle K} sei B(K){displaystyle B(K)} die boolesche Algebra der offen-abgeschlossenen Teilmengen. Indem man eine stetige Funktion φ:K→K′{displaystyle varphi :Krightarrow K’} auf die Urbildfunktion B(f):B(K′)→B(K),A↦f−1(A){displaystyle B(f):B(K’)rightarrow B(K),,Amapsto f^{-1}(A)} schickt, erhält man einen kontravarianten Funktor von BSp{displaystyle {mathcal {BSp}}} in die Kategorie BAlg{displaystyle {mathcal {BAlg}}} der booleschen Algebren. Der stonesche Darstellungssatz für boolesche Algebren besagt, dass dieser Funktor B{displaystyle B} eine Äquivalenz ist, das heißt man hat BSp≃BAlg{displaystyle {mathcal {BSp}}simeq {mathcal {BAlg}}} .[4]
Für einen Funktor
F:C→D{displaystyle Fcolon {mathcal {C}}rightarrow {mathcal {D}}}sind folgende Aussagen äquivalent:[5]
F{displaystyle F} ist eine Äquivalenz.
F{displaystyle F} ist volltreu und dicht.
Die zweite Version hat den Vorteil, dass der Funktor
G{displaystyle G}D{displaystyle D} in Gegenrichtung nicht vorkommt. Der Beweis, dass aus der zweiten Bedingung die Äquivalenzeigenschaften folgen, verläuft unter Anwendung des Auswahlaxioms so, dass man zu jedem
D{displaystyle {mathcal {D}}} aus
C{displaystyle C} mittels der vorausgesetzten Dichtheitsbedingung ein
F(C)≅D{displaystyle F(C)cong D} mit
G(D)=C{displaystyle G(D)=C} wählt,
G(f){displaystyle G(f)} setzt,
f{displaystyle f} mittels der Volltreue auch für Morphismen
D{displaystyle {mathcal {D}}} aus
definiert, und dann die erforderlichen Eigenschaften nachrechnet. Die umgekehrte Beweisrichtung ist wesentlich einfacher und erfordert kein Auswahlaxiom.
Der folgende Satz charakterisiert, wann zwei Kategorien äquivalent sind. Dabei ergibt sich die Äquivalenz der ersten beiden Bedingungen offenbar aus oben genanntem Satz:
Für zwei Kategorien
C{displaystyle {mathcal {C}}}D{displaystyle {mathcal {D}}} und
sind folgende Aussagen äquivalent:[6]
Äquivalenzen sind Adjunktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Liegt vermöge
F{displaystyle F}G{displaystyle G} und
C{displaystyle {mathcal {C}}} eine Äquivalenz von Kategorien
D{displaystyle {mathcal {D}}} und
F{displaystyle F} wie in obiger Definition vor, so ist
G{displaystyle G} offenbar sowohl linksadjungiert als auch rechtsadjungiert zu
. Einheit und Koeinheit dieser Adjunktion sind natürliche Isomorphismen zu den identischen Funktoren.
Fixpunkte einer Adjunktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ist umgekehrt
F⊣G{displaystyle Fdashv G}C{displaystyle {mathcal {C}}} eine Adjunktion zwischen Kategorien
D{displaystyle {mathcal {D}}} und
η:IdC→G∘F{displaystyle eta colon mathrm {Id} _{mathcal {C}}rightarrow Gcirc F} , so gehören dazu die Einheit
ε:F∘G→IdD{displaystyle varepsilon colon Fcirc Grightarrow mathrm {Id} _{mathcal {D}}} und die Koeinheit
Fix(η)⊂C{displaystyle mathrm {Fix} (eta )subset {mathcal {C}}} . Definiere die vollen Unterkategorien
Fix(ε)⊂D{displaystyle mathrm {Fix} (varepsilon )subset {mathcal {D}}} und
durch
- Fix(η)={X∈C∣ηX:X→G(F(X)) ist ein Isomorphismus }{displaystyle mathrm {Fix} (eta )={Xin {mathcal {C}}mid eta _{X}colon Xrightarrow G(F(X)){text{ ist ein Isomorphismus }}}}
- Fix(ε)={Y∈D∣εY:F(G(Y))→Y ist ein Isomorphismus }{displaystyle mathrm {Fix} (varepsilon )={Yin {mathcal {D}}mid varepsilon _{Y}colon F(G(Y))rightarrow Y{text{ ist ein Isomorphismus }}}} .
Dann sind die Einschränkungen von
F{displaystyle F}G{displaystyle G} und
auf diese Unterkategorien Äquivalenzen und man hat
- Fix(η)≃Fix(ε){displaystyle mathrm {Fix} (eta )simeq mathrm {Fix} (varepsilon )} .[7]
Beispiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Sei
Vect{displaystyle {mathcal {Vect}}}K{displaystyle K} die Kategorie der Vektorräume über einem festen Körper
K{displaystyle K} , die Morphismen in dieser Kategorie sind die
-linearen Abbildungen. Der Dualraumfunktor
- D:Vect→Vectop{displaystyle Dcolon {mathcal {Vect}}rightarrow {mathcal {Vect}}^{op}} ,
der jedem Vektorraum seinen Dualraum und jeder linearen Abbildung ihre duale Abbildung zuordnet, ist linksadjungiert zu seinem Gegenfunktor
η:IdVect→Dop∘D{displaystyle eta colon mathrm {Id} _{mathcal {Vect}}rightarrow D^{op}circ D} . Die Einheit
V{displaystyle V} ordnet jedem Vektorraum
seinen Bidualraum zu
- ηV:V→V∗∗,v↦v^:V∗→K,v^(f):=f(v){displaystyle eta _{V}colon Vrightarrow V^{**},quad vmapsto {hat {v}}:V^{*}rightarrow K,quad {hat {v}}(f)colon =f(v)} .
Die Fixpunkte der Adjunktion
D⊣Dop{displaystyle Ddashv D^{op}}finVect{displaystyle {mathcal {finVect}}} sind bekanntlich genau die endlichdimensionalen Vektorräume, diese bilden die volle Unterkategorie
D{displaystyle D} der endlichdimensionalen Vektorräume und man erhält, dass die Einschränkung von
finVect≃finVectop{displaystyle {mathcal {finVect}}simeq {mathcal {finVect}}^{op}} eine Äquivalenz
vermittelt.[8]
Beschränkt man sich bei diesem Beispiel auf die Kategorie der unendlichdimensionalen Vektorräume, so hat man dieselbe eingeschränkte Adjunktion, denn Dualräume unendlichdimensionaler Räume sind wieder unendlichdimensional. An diesem Beispiel sieht man, dass die oben definierten Fixpunkt-Unterkategorien auch leer sein können.
- ↑ Martin Brandenburg: Einführung in die Kategorientheorie, Springer-Verlag 2016, ISBN 978-3-662-53520-2, Definition 3.6.1
- ↑ Martin Brandenburg: Einführung in die Kategorientheorie, Springer-Verlag 2016, ISBN 978-3-662-53520-2, Bemerkung 3.6.2
- ↑ Martin Brandenburg: Einführung in die Kategorientheorie, Springer-Verlag 2016, ISBN 978-3-662-53520-2, Bemerkung 3.6.4
- ↑ abc Horst Herrlich, George E. Strecker: Category Theory, Allyn and Bacon Inc. 1973, Beispiele 14.16
- ↑ Martin Brandenburg: Einführung in die Kategorientheorie, Springer-Verlag 2016, ISBN 978-3-662-53520-2, Satz 3.6.7
- ↑ Horst Herrlich, George E. Strecker: Category Theory, Allyn and Bacon Inc. 1973, Theorem 14.11
- ↑ Martin Brandenburg: Einführung in die Kategorientheorie, Springer-Verlag 2016, ISBN 978-3-662-53520-2, Satz 7.5.2
- ↑ Martin Brandenburg: Einführung in die Kategorientheorie, Springer-Verlag 2016, ISBN 978-3-662-53520-2, Beispiel 7.5.3
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