Alephformel – Wikipedia

Alephformeln sind mathematische Formeln der Kardinalzahlarithmetik und als solche Lehrsätze des mathematischen Teilgebiets der Mengenlehre. Bedeutende Alephformeln sind nicht zuletzt mit den Namen der Mathematiker Gerhard Hessenberg, Felix Hausdorff und Felix Bernstein verbunden.[1][2][3][4][5][6][7][8]

Der Terminus Alephformel(n) wird vor allem von Arnold Oberschelp und Dieter Klaua in ihren jeweiligen Monographien Allgemeine Mengenlehre benutzt, wobei Oberschelp mit diesem Terminus explizit die von Hessenberg im Jahre 1906 vorgelegte Formel (s. u.) meint.[1][7]

Die von Hessenberg im Jahre 1906 vorgelegte Formel – die auch als Satz von Hessenberg zitiert wird – ist von grundlegender Bedeutung für die gesamte Kardinalzahlarithmetik. Sie lässt sich folgendermaßen angeben:[9][10][11][12]

Für jede Ordinalzahl α{displaystyle alpha }

gilt
ℵα2=ℵα{displaystyle {aleph _{alpha }}^{2},=,aleph _{alpha }}

.

Folgerungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die hessenbergsche Formel zieht eine Reihe von weiteren Alephformeln nach sich.

I
Für je zwei Ordinalzahlen
α{displaystyle alpha }

und β{displaystyle beta }

gilt die hessenbergsche Gleichung
ℵα+ℵβ=ℵα⋅ℵβ=ℵmax(α,β)=max(ℵα,ℵβ){displaystyle aleph _{alpha }+aleph _{beta },=,aleph _{alpha }cdot aleph _{beta },=,aleph _{max(alpha ,,,beta )},=,max(aleph _{alpha },,,aleph _{beta })}

.[13][14][15][16][17]
II

Unter Anwendung der hessenbergschen Gleichung ergibt sich auch die von Felix Bernstein vorgelegte bernsteinsche Formel:[18][19][20]

Für je zwei Ordinalzahlen α{displaystyle alpha }

und β{displaystyle beta }

mit α≤β+1{displaystyle alpha leq beta +1}

gilt
2ℵβ=ℵαℵβ{displaystyle 2^{aleph _{beta }},=,{aleph _{alpha }}^{aleph _{beta }}}

.
III

Felix Bernstein hat eine weitere Alephformel geliefert, die bei Klaua auch als bernsteinscher Alephsatz bezeichnet wird und die auf Bernsteins Publikation aus dem Jahre 1905 zurückgeht:[21][22]

Für jede Ordinalzahl β{displaystyle beta }

und alle natürlichen Zahlen n{displaystyle n}

gilt
ℵnℵβ=2ℵβ⋅ℵn{displaystyle aleph _{n}^{aleph _{beta }},=,2^{aleph _{beta }}cdot aleph _{n}}

.

Weitergehend als der bernsteinsche Alephsatz ist ein Satz, der von Felix Hausdorff im Jahre 1904 bewiesen wurde und in dem er die bekannte hausdorffsche Rekursionsformel (englisch Hausdorff recursion formula) formuliert:[23][21][24][22]

Für je zwei Ordinalzahlen α{displaystyle alpha }

und β{displaystyle beta }

und alle natürlichen Zahlen n{displaystyle n}

gilt
ℵα+nℵβ=ℵαℵβ⋅ℵα+n{displaystyle aleph _{alpha +n}^{aleph _{beta }},=,aleph _{alpha }^{aleph _{beta }}cdot aleph _{alpha +n}}

.
Insbesondere gilt für jede Ordinalzahl α>1{displaystyle alpha >1}

β{displaystyle beta }

die Formel
ℵαℵβ=ℵα−1ℵβ⋅ℵα{displaystyle aleph _{alpha }^{aleph _{beta }},=,aleph _{alpha -1}^{aleph _{beta }}cdot aleph _{alpha }}

.

Jenseits der oben dargestellten klassischen Alephformeln gibt es eine Anzahl von verwandten Formeln, welche die Alephs in einen weiteren Kontext stellen.

Formel von König[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1904 bewies Julius König eine Formel, welche die bekannte Ungleichung

ℵα<2ℵα{displaystyle aleph _{alpha },

verschärft und die zugleich für die Alephs eine obere Abschätzung mittels Konfinalitäten liefert. Diese Formel, die auf dem Satz von König beruht, besagt nämlich:[25][26][27]

Für jede Ordinalzahl α{displaystyle alpha }

gilt die Ungleichung
ℵα<cf⁡(2ℵα){displaystyle aleph _{alpha },

.

Bezug zur Kontinuumshypothese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch die von Hausdorff im Jahre 1908 formulierte Verallgemeinerte Kontinuumshypothese (GCH) lässt sich als Alephformel verstehen. Man spricht daher auch von der Alephhypothese (AH). Diese besagt nämlich:[28][29][26]

Für jede Ordinalzahl α{displaystyle alpha }

gilt die Gleichung
2ℵα=ℵα+1{displaystyle 2^{aleph _{alpha }},=,{aleph _{alpha +1}}}

.

Hierzu hat man die folgenden Formeln:[30]

I
Unter Annahme der Verallgemeinerten Kontinuumshypothese (GCH) gilt für Ordinalzahlen α{displaystyle alpha }

und β{displaystyle beta }

im Falle, dass ℵα{displaystyle aleph _{alpha }}

regulär ist:
ℵαℵβ=ℵα{displaystyle aleph _{alpha }^{aleph _{beta }},=,aleph _{alpha }}

, falls β<α{displaystyle beta

ℵαℵβ=ℵβ+1{displaystyle aleph _{alpha }^{aleph _{beta }},=,aleph _{beta +1}}

, falls β≥α{displaystyle beta geq alpha }

II
Unter Annahme der Verallgemeinerten Kontinuumshypothese (GCH) gilt für Ordinalzahlen α{displaystyle alpha }

und β{displaystyle beta }

im Falle, dass ℵα{displaystyle aleph _{alpha }}

singulär ist:
ℵαℵβ=ℵα{displaystyle aleph _{alpha }^{aleph _{beta }},=,aleph _{alpha }}

, falls ℵβ<cf⁡(ℵα){displaystyle aleph _{beta }

ℵαℵβ=ℵα+1{displaystyle aleph _{alpha }^{aleph _{beta }},=,aleph _{alpha +1}}

, falls cf⁡(ℵα)≤ℵβ≤ℵα{displaystyle operatorname {cf} {bigl (}aleph _{alpha }{bigr )}leq aleph _{beta }leq aleph _{alpha }}

ℵαℵβ=ℵβ+1{displaystyle aleph _{alpha }^{aleph _{beta }},=,aleph _{beta +1}}

, falls ℵβ≥ℵα{displaystyle aleph _{beta }geq aleph _{alpha }}

  • Die Alephs sind als Ordinalzahlen dadurch gekennzeichnet, dass sie unendlich und – in Bezug auf die auf der Ordinalzahlenklasse
    On{displaystyle On}

    gegebene Wohlordnungsrelation – mit keiner echt kleineren Ordinalzahl gleichmächtig sind.[31]
  • Dieter Klaua definiert in seiner Allgemeine Mengenlehre nicht explizit, was er unter Alephformeln versteht. Aus dem Kontext wird jedoch klar, was gemeint ist.
  • Die Formel von Hessenberg umfasst (offenbar) den schon von Georg Cantor mit Hilfe seiner Paarungsfunktion bewiesenen Satz, demzufolge
    N0×N0{displaystyle {mathbb {N} }_{0}times {mathbb {N} }_{0}}

    und N0{displaystyle {mathbb {N} }_{0}}

    gleichmächtige Mengen sind.
  • Die Formel von Hessenberg wurde im Jahre 1908 von Philip Jourdain wiederentdeckt.[32]
  • Der Terminus Alephhypothese geht auf Felix Hausdorff und dessen Arbeit aus dem Jahre 1908 zurück. Hausdorff benutzt dort sogar den Terminus Cantorsche Alefhypothese.[33]
  • Einige Autoren – wie Walter Felscher in Naive Mengen und abstrakte Zahlen III – unterscheiden zwischen der Verallgemeinerten Kontinuumshypothese (GCH) und der Alephhypothese (AH).[34] Laut Felscher gilt dabei: „In einer Mengenlehre mit Fundierungsaxiom sind (GCH) und (AH) äquivalent; in jedem Falle folgt aus (GCH) auch (AH).“[35] Wie Ulrich Felgner in 1971 zeigte, sind die Verallgemeinerte Kontinuumshypothese (GCH) und die Alephhypothese (AH) in einer Mengenlehre ohne Auswahlaxiom und ohne Fundierungsaxiom nicht miteinander äquivalent.[36]
  • Felix Bernstein: Untersuchungen aus der Mengenlehre. In: Mathematische Annalen. Band 61, 1905, S. 117–155 (MR1511337). 
  • Heinz-Dieter Ebbinghaus: Einführung in die Mengenlehre (= Hochschultaschenbuch. Band 141). 4. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin 2003, ISBN 3-8274-1411-3. 
  • Walter Felscher: Naive Mengen und abstrakte Zahlen III. Transfinite Methoden. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1979, ISBN 3-411-01553-5 (MR0536486). 
  • Felix Hausdorff: Der Potenzbegriff in der Mengenlehre. In: Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Band 13, 1904, S. 569–571. 
  • Felix Hausdorff: Grundzüge einer Theorie der geordneten Mengen. In: Mathematische Annalen. Band 65, 1908, S. 435–505. 
  • Felix Hausdorff: Grundzüge der Mengenlehre. Reprinted, New York, 1965. Chelsea Publishing Company, New York, N. Y. 1965. 
  • Gerhard Hessenberg: Grundbegriffe der Mengenlehre. In: Abhandlungen der Friesschen Schule, Neue Folge. Band 1. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1906, S. 478–706. 
  • Karel Hrbacek, Thomas Jech: Introduction to Set Theory (= Monographs and Textbooks in Pure and Applied Mathematics. Band 220). 3. Auflage. Marcel Dekker, Inc., New York, Basel 1999, ISBN 0-8247-7915-0 (MR1697766). 
  • Philip E. B. Jourdain: The multiplication of Alephs. In: Mathematische Annalen. Band 65, 1908, S. 506–512 (MR1511479). 
  • Erich Kamke: Mengenlehre (= Sammlung Göschen. 999/999a). 7. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin, New York 1971. 
  • Dieter Klaua: Allgemeine Mengenlehre. Ein Fundament der Mathematik (= Mathematische Lehrbücher und Monographien, I. Abteilung, Mathematische Lehrbücher. Band X). Akademie-Verlag, Berlin 1964 (MR0175791). 
  • J. König: Zum Kontinuum-Problem. In: Mathematische Annalen. Band 60, 1905, S. 177–180 (MR1511296). 
  • J. König: Berichtigung. In: Mathematische Annalen. Band 60, 1905, S. 462 (MR1511318). 
  • Kazimierz Kuratowski, Andrzej Mostowski: Set Theory. With an Introduction to Descriptive Set Theory. Translated from the 1966 Polish original (= Studies in Logic and the Foundations of Mathematics. Band 86). 2. Auflage. North-Holland Publishing Company, Amsterdam, New York, Oxford 1976 (MR0485384). 
  • Azriel Lévy: Basic Set Theory (= Perspectives in Mathematical Logic). Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1979, ISBN 3-540-08417-7 (MR0533962). 
  • Arnold Oberschelp: Allgemeine Mengenlehre. BI Wissenschaftsverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 1994, ISBN 3-411-17271-1 (MR0536486). 
  • Wacław Sierpiński: Cardinal and Ordinal Numbers. Panstwowe Wydawnictwo Naukowe, Warschau 1958 (MR0095787). 
  • Alfred Tarski: Sur quelques théorèmes sur les alephs. In: Fundamenta Mathematicae. Band 7, 1925, S. 1–14. 
  1. ab Dieter Klaua: Allgemeine Mengenlehre. 1964, S. 507 ff.
  2. Heinz-Dieter Ebbinghaus: Einführung in die Mengenlehre. 2003, S. 127 ff.
  3. Walter Felscher: Naive Mengen und abstrakte Zahlen III. 1979, S. 107 ff.
  4. Erich Kamke: Mengenlehre. 1971, S. 176 ff.
  5. Kuratowski/Mostowski: Set Theory. 1976, S. 267 ff.
  6. Azriel Lévy: Basic Set Theory. 1979, S. 92 ff.
  7. ab Arnold Oberschelp: Allgemeine Mengenlehre. 1994, S. 237 ff.
  8. Wacław Sierpiński: Cardinal and Ordinal Numbers. 1958, S. 389 ff.
  9. Ebbinghaus, op. cit., S. 127
  10. Kamke, op. cit., S. 176
  11. Klaua, op. cit., S. 507
  12. Lévy, op. cit., S. 94.
  13. Klaua, op. cit., S. 509
  14. Kamke, op. cit., S. 177.
  15. Lévy, op. cit., S. 95.
  16. Oberschelp, op. cit., S. 239
  17. Sierpiński, op. cit., S. 395.
  18. Klaua, op. cit., S. 510
  19. Felscher, op. cit., S. 109.
  20. Oberschelp, op. cit., S. 241.
  21. ab Klaua, op. cit., S. 512
  22. ab Sierpiński, op. cit., S. 402.
  23. Felix Hausdorff: Der Potenzbegriff in der Mengenlehre. Jahresber. Dtsch. Math.-Ver. 13, S. 570
  24. Lévy, op. cit., S. 187.
  25. Oberschelp, op. cit., S. 246.
  26. ab Hrbacek/Jech: Introduction to Set Theory. 1999, S. 165.
  27. Obwohl hier die Jahreszahl 1904 genannt ist, erfolgte die Veröffentlichung erst in den Mathematische Annalen des Jahres 1905.
  28. Klaua, op. cit., S. 500
  29. Oberschelp, op. cit., S. 241–242.
  30. Hrbacek/Jech, op. cit., S. 166–167.
  31. Felscher, op. cit., S. 107.
  32. Lévy, op. cit., S. 97.
  33. Felix Hausdorff: Grundzüge einer Theorie der geordneten Mengen. Math. Ann. 65, S. 494
  34. Felscher, op. cit., S. 173–175.
  35. Felscher, op. cit., S. 174.
  36. Oberschelp, op. cit., S. 242.