Fermatsche Spirale – Wikipedia

Fermatsche Spirale: ein Ast
Fermatsche Spirale: beide Äste

Eine fermatsche oder parabolische Spirale ist eine nach Pierre de Fermat benannte ebene Kurve, die sich in Polarkoordinaten durch die Gleichung

r=±aφ , φ≥0{displaystyle r=pm a{sqrt {varphi }} , varphi geq 0}

einer Parabel (mit horizontaler Achse) beschreiben lässt.

Die fermatsche Spirale sieht der archimedischen Spirale ähnlich. Im Gegensatz zu ihr hat sie aber abnehmenden Windungsabstand, d. h., die Windungen liegen nach außen hin immer dichter.

So wie andere Spiralen werden auch fermatsche Spiralen zur Konstruktion von krümmungsstetigen Übergangskurven verwendet.[1]

Die fermatsche Spirale mit der Polargleichung

r=aφ ,φ≥0{displaystyle r=a{sqrt {varphi }} ,quad varphi geq 0}

lässt sich in kartesischen Koordinaten

(x=rcos⁡φ,y=rsin⁡φ){displaystyle (x=rcos varphi ,;y=rsin varphi )}

durch die Parameterdarstellung


  • x=aφcos⁡φ,y=aφsin⁡φ,φ≥0{displaystyle x=a{sqrt {varphi }}cos varphi ,qquad y=a{sqrt {varphi }}sin varphi ,quad varphi geq 0}

beschreiben.

Aus der Parameterdarstellung und

 φ=r2a2, r=x2+y2 {displaystyle varphi ={tfrac {r^{2}}{a^{2}}}, r={sqrt {x^{2}+y^{2}}} }

ergibt sich eine Darstellung mit einer Gleichung:


  • yx=tan⁡(x2+y2a2) .{displaystyle {frac {y}{x}}=tan left({frac {x^{2}+y^{2}}{a^{2}}}right) .}

Zerlegung der Ebene[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine fermatsche Spirale zerlegt die Ebene in zwei zusammenhängende Bereiche (hier schwarz und weiß)

Eine vollständige fermatsche Spirale (beide Äste) ist, im Gegensatz zu einer archimedischen oder hyperbolischen Spirale, eine glatte doppelpunktfreie Kurve, die die Ebene, wie eine Gerade oder ein Kreis oder eine Parabel, in zwei zusammenhängende Bereiche zerlegt. Die besondere Herausforderung bei der Zerlegung der Ebene durch eine fermatsche Spirale ist, dass man mit bloßem Auge nicht so leicht wie bei Gerade, Kreis oder Parabel entscheiden kann, auf welcher Seite der Kurve ein Punkt liegt.

Krümmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Formel

κ=r2+2(r′)2−rr″(r2+(r′)2)3/2{displaystyle kappa ={frac {r^{2}+2(r’)^{2}-r;r”}{(r^{2}+(r’)^{2})^{3/2}}}}

für die Krümmung einer Kurve in Polardarstellung

r=r(φ){displaystyle ;r=r(varphi );}

und den Ableitungen

r′=a2φ=a22r{displaystyle ;r’={tfrac {a}{2{sqrt {varphi }}}}={tfrac {a^{2}}{2r}};}

und

r″=−a4φ3=−a44r3{displaystyle ;r”=-{tfrac {a}{4{sqrt {varphi }}^{3}}}=-{tfrac {a^{4}}{4r^{3}}};}

der fermatschen Spirale ergibt sich für die Krümmung


  • κ(r)=2r(4r4+3a4)(4r4+a2)3/2.{displaystyle kappa (r)={frac {2r(4r^{4}+3a^{4})}{(4r^{4}+a^{2})^{3/2}}}.}

Im Nullpunkt ist die Krümmung

0{displaystyle 0}

. Die vollständige Spirale hat also

  • im Nullpunkt einen Wendepunkt mit der x-Achse als Wendetangente.
Die Inversion einer fermatschen Spirale (grün) am Einheitskreis (rot) ergibt eine Lituus-Spirale (blau)

Inversion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Spiegelung am Einheitskreis (Inversion) lässt sich in Polarkoordinaten durch

 (r,φ)↦(1r,φ) {displaystyle (r,varphi )mapsto ({tfrac {1}{r}},varphi ) }

beschreiben.

  • Das Bild der fermatschen Spirale
     r=aφ {displaystyle r=a{sqrt {varphi }} }

    bei der Spiegelung am Einheitskreis ist eine Lituus-Spirale mit r=1aφ{displaystyle ;r={frac {1}{a{sqrt {varphi }}}};}

    .

Für

φ=1a2{displaystyle ;varphi ={tfrac {1}{a^{2}}};}

schneiden sich beide Kurven in einem Fixpunkt auf dem Einheitskreis.

  • Die Wendetangente (
    x{displaystyle x}

    -Achse) der fermatschen Spirale (im Nullpunkt) geht bei der Spiegelung in sich über und ist die Asymptote der Lituus-Spirale.

Fläche zwischen Kurvenbögen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sektorfläche für den Kurvenbogen zwischen

r(φ1),φ1){displaystyle ;r(varphi _{1}),varphi _{1});}

und

(r(φ2),φ2){displaystyle ;(r(varphi _{2}),varphi _{2});}

ist

A_=12∫φ1φ2r(φ)2dφ=12∫φ1φ2a2φdφ=a24(φ22−φ12){displaystyle {underline {A}}={tfrac {1}{2}}int _{varphi _{1}}^{varphi _{2}}r(varphi )^{2};dvarphi ={tfrac {1}{2}}int _{varphi _{1}}^{varphi _{2}}a^{2}varphi ;dvarphi ={frac {a^{2}}{4}}{big (}varphi _{2}^{2}-varphi _{1}^{2}{big )}}

=a24(φ2+φ1)(φ2−φ1).{displaystyle quad ={frac {a^{2}}{4}}{big (}varphi _{2}+varphi _{1}{big )}{big (}varphi _{2}-varphi _{1}{big )};.}

Fermatsche Spirale:
Flächen zwischen Kurvenbögen

Erhöht man beide Winkel um

2π{displaystyle 2pi }

, ergibt sich

A¯=a24(φ2+φ1+4π)(φ2−φ1)=A_+a2π(φ2−φ1).{displaystyle {overline {A}}={frac {a^{2}}{4}}{big (}varphi _{2}+varphi _{1}+4pi {big )}{big (}varphi _{2}-varphi _{1}{big )}={underline {A}}+a^{2}pi {big (}varphi _{2}-varphi _{1}{big )};.}

Der Inhalt

A{displaystyle A}

der Sektorfläche zwischen den Kurven ist also


  • A=a2π(φ2−φ1).{displaystyle A=a^{2}pi {big (}varphi _{2}-varphi _{1}{big )};.}

A{displaystyle A}

hängt nur von der Differenz der beiden Winkel und nicht von den Winkeln selbst ab.

In dem Beispiel (siehe Bild) haben also alle benachbarten Sektorstreifen denselben Inhalt:

A1=A2=A3{displaystyle A_{1}=A_{2}=A_{3}}

.

Diese Eigenschaft der fermatschen Spirale spielt in der Elektrotechnik bei der Herstellung von Drehkondensatoren eine Rolle.[2]

Die Zwischenflächen (weiß, blau, gelb) haben alle den Flächeninhalt des eingezeichneten Kreises
Spezialfall von Fermat

1636 berichtete Fermat in einem Brief[3] an Marin Mersenne den folgenden Spezialfall:

Es seien

φ1=0,φ2=2π{displaystyle varphi _{1}=0,varphi _{2}=2pi }

. Dann ist der Inhalt der schwarzen Fläche (siehe Bild)

A0=a2π2={displaystyle A_{0}=a^{2}pi ^{2}=}

die Hälfte der Fläche des Kreises

K0{displaystyle K_{0}}

mit Radius

r(2π){displaystyle r(2pi )}

. Die Zwischenflächen (weiß, blau, gelb) haben den Inhalt

A=2a2π2{displaystyle A={color {red}2}a^{2}pi ^{2}}

Also gilt:

  • Der Flächeninhalt zwischen zwei Spiralbögen nach einer ganzen Umrundung ist gleich dem Flächeninhalt des Kreises
    K0{displaystyle K_{0}}

    .

Bogenlänge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Länge des Bogens einer fermatschen Spirale zwischen zwei Punkten

(r(φ1),φ1),(r(φ2),φ2){displaystyle ;(r(varphi _{1}),varphi _{1}),(r(varphi _{2}),varphi _{2});}

lässt sich mit der Formel für Kurven in Polardarstellung berechnen:

L=∫φ1φ2(r′(φ))2+r2(φ)dφ=⋯=a2∫φ1φ21φ+4φdφ.{displaystyle L=int limits _{varphi _{1}}^{varphi _{2}}{sqrt {left(r^{prime }(varphi )right)^{2}+r^{2}(varphi )}},mathrm {d} varphi =cdots ={frac {a}{2}}int limits _{varphi _{1}}^{varphi _{2}}{sqrt {{frac {1}{varphi }}+4varphi }},mathrm {d} varphi ;.}

Die Lösung dieses Integrals ist allerdings nur numerisch oder mit Hilfe eines elliptischen Integrals möglich.

  1. Anastasios M. Lekkas1, Andreas R. Dahl, Morten Breivik, Thor I. Fossen4: Continuous-Curvature Path GenerationUsing Fermat’s Spiral. In: Modeling, Identification and Control. Vol. 34, No. 4, 2013, S. 183–198, ISSN 1890-1328.
  2. Fritz Wicke: Einführung in die höhere Mathematik. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-36804-6, S. 414.
  3. Lettre de Fermat à Mersenne du 3 juin 1636, dans Paul Tannery. In: Oeuvres de Fermat. T. III, S. 277, Lire en ligne.
  • Friedrich Grelle: Analytische Geometrie der Ebene, Verlag F. Brecke, 1861 [1], S. 213.
  • Jac. Phil Kulik: Spirallinien in Lehrbuch der höhern Analysis, Band 2, In Commiss. bei Kronberger u. Rziwnatz, 1844, [2], S. 226.