Sidi bel Abbès – Wikipedia

Sidi bel Abbès (arabisch سيدي بلعباس, DMG Sīdī Bu-l-ʿAbbās, tamazight ⵙⵉⴷⵉ ⴱⴻⵍ ⵄⴻⴱⴱⴰⵙ Sidi bel ɛebbas) ist die ca. 230.000 Einwohner zählende Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordwesten Algeriens. Gleichzeitig ist sie der Hauptort einer Gemeinde (commune) mit insgesamt ca. 250.000 Einwohnern. Die Stadt ist nach einem hier begrabenen muslimischen Heiligen des 18. Jahrhunderts benannt.

Sidi bel Abbès liegt ca. 90 km (Fahrtstrecke) südlich der Mittelmeerküste bei Oran in einem Hochtal des Tellatlas in einer Höhe von etwa 470 m.[2] Das Klima ist gemäßigt bis warm; Regen (ca. 460 mm/Jahr) fällt hauptsächlich in den Wintermonaten.[3]

Jahr 1977 1987 1998 2008
Einwohner 112.988 152.778 183.931 210.146

Seit den 1960er Jahren erlebt Sidi bel Abbès eine starke Zuwanderung von Familien aus den ländlichen Regionen Algeriens.

Im Jahr 1843 gründeten Franzosen nahe dem Dorf Sidi bel Abbès einen militärischen Außenposten und schufen innerhalb weniger Jahre eine Stadt nach französischem Vorbild. Diese wurde zu einem Zentrum der Fremdenlegion und wuchs schnell. 1896 gab es 26.887[4] Einwohner, davon waren 11.516[4] Muslime und 420[4] Juden, zudem lebten 6950[4] Franzosen und 8001[4] weitere Europäer in der Stadt.

Von 1831 bis 1962 befand sich in der Stadt das Mutterhaus (Maison mère) der Fremdenlegion mit dem 1. Fremdenregiment im Quartier Viénot. Durch das schnelle Wachstum der Stadt verschwand deren traditionelle Gliederung.

Als nach dem Algerienkrieg am 5. Juli 1962 die Unabhängigkeit Algeriens proklamiert wurde, verlor die Fremdenlegion ihren bis dahin wichtigsten und ältesten Stützpunkt. Die französische Regierung ließ das gesamte Regiment von Algerien nach Aubagne (Frankreich) verlegen. In die Festung der Fremdenlegion zog zunächst eine Universität ein. Auch verließen zahlreiche Europäer, sogenannte Pied-noir, die Stadt. Im September 1962 war sie in Folge des Wegzuges der europäischen Bevölkerung halb leer. Verwaltung, Polizei, Justizwesen, Schulwesen und viele wirtschaftliche Aktivitäten kamen vorübergehend zum Erliegen.[5]

Die Altstadt war von einer Stadtmauer mit insgesamt vier Toren umschlossen; diese wurde im Jahr 1930 zugunsten breiter Boulevards größtenteils niedergerissen. Die von den Franzosen völlig neu gestaltete und mit vielen Bauten in den verschiedenen Stilformen der zweiten Hälfte des 19. und ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts versehene Stadt verfügt über eine Universität und eine Kunsthochschule.

Der Anbau von Getreide ist der hauptsächliche Wirtschaftszweig der Region; aber auch Wein und verschiedene Obstsorten wurden angepflanzt. Ein aus Andalusien übernommenes Bewässerungssystem konnte den Ertrag der Ernte vergrößern.

Sidi bel Abbès besitzt einen Bahnhof an der Bahnstrecke Oran–Akid Abbès der SNTF.[6] Am 25. Juli 2017 wurde ein 14 km langes Straßenbahnnetz eröffnet.

Sidi bel Abbès – École des Beaux Arts
  • René Viviani (1863–1925), französischer Premierminister 1914–1915
  • Louis Ségura (1889–1963), französischer Kunstturner
  • Gaston Maurice Julia (1893–1978), französischer Mathematiker
  • Emmanuel Aznar (1915–1970), französischer Fußballer
  • Marcel Cerdan (1916–1949), französischer Profi-Boxer im Mittelgewicht
  • Cheikha Rimitti (1923–2006), algerische Raï-Sängerin
  • Raymond Lopez (1931-2017), französischer Autorennfahrer
  • Jean-François Larios (* 1956), französischer Fußballspieler
  • Jean-Marc Aveline (* 1958), französischer Geistlicher, Erzbischof von Marseille
  • Brigitte Giraud (* 1960), französische Autorin
  • Kad Merad (* 1964), französischer Filmschauspieler
  • Mohamed Bahari (* 1976), algerischer Boxer
  1. Sidi bel Abbès – Bevölkerungsentwicklung
  2. Sidi bel Abbès – Karte mit Höhenangaben
  3. Sidi bel Abbès – Klimatabellen
  4. abcde Michel Abitbol: Le passé d’une discorde – Juifs et Arabes du VIIe siècle à nos jours. Librairie Académique Perrin, Paris 1999, ISBN 2-262-01494-9, S. 275 (dort zitiert nach Zahlen der parlamentarischen Untersuchungskommission Pourquery de Boisserin von 1900). 
  5. Stora, Benjamin (2005). Algeria, 1830-2000: A Short History. Cornell University Press. S. 12 und 77. ISBN 0-8014-8916-4.
  6. Neil Robinson: World Rail Atlas and Historical Summary 7 = North, East and Central Africa.o.O. 2009. ISBN 978-954-92184-3-5, Taf. 4.