Seitenblicke – Wikipedia

Fernsehsendung
Originaltitel Seitenblicke
Produktionsland Österreich
Originalsprache Österreichisches Deutsch
Produktions-
unternehmen
Interspot Film
Länge Täglich 5 Minuten
Ausstrahlungs-
turnus
Montag bis Sonntag
Genre Magazin
Titelmusik Make me a Memory
Produktion Nils Klingohr[1]
Erstausstrahlung 28. September 1987, 21:50 Uhr auf ORF 2

Seitenblicke ist ein unter der Generalintendanz von Thaddäus Podgorski kreiertes Fernsehformat des ORF, das seit dem 28. September 1987 in ORF 2 gesendet wird. Berichtet wird in den täglich fünf Minuten Sendezeit über das österreichische Gesellschaftsleben der Adabeis, der Schickeria und der „Society-Löwen“.[2] Gedreht wird nicht nur bei diversen kleineren (zum Beispiel Geburtstagsfeiern Prominenter und Society-Events im „Marchfelderhof“[3][4]), sondern auch bei größeren Veranstaltungen bis hin zu Großereignissen, sowie auch, wenn Österreichbezug, aus dem Ausland (zum Beispiel von der Oscarnacht): „Ob Charity-Gala, Premiere oder feierliche Eröffnung – es gibt kaum ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem die ‚Seitenblicke‘-Teams nicht mitten im Getümmel dabei sind.“[5]

Ausgestrahlt wird Seitenblicke täglich um 20:05 Uhr als 5-Minuten-Sendung in ORF 2, zwischen den Werbeblöcken nach der Zeit im Bild (ZIB 1) und dem anschließenden Wetter sowie kurz vor dem Hauptabendprogramm um 20:15 Uhr. Neben der Stammsendung gibt es noch den Wochenrückblick Seitenblicke Weekend, gesendet jeweils am Samstag nach der Mittags-ZIB (ca. 20 Minuten)[6] sowie Spezialausgaben wie Seitenblicke-Spezial und Seitenblicke-Gourmet. Rund um die österreichischen Sommerbühnen gab es im Jahr 2018 die Spezialausgabe Seitenblicke Sommerbühne, die jeweils freitags um 21:50 Uhr vor der ZIB 2 ausgestrahlt wurde.

Die Signation-Melodie basiert auf dem Song Make me a Memory von Grover Washington, Jr. Die Sendung änderte zwar im Laufe ihres Bestehens mehrmals ihr optisches Erscheinungsbild, „das seitenblickende Auge in der Signation und die ‚Sekt sprudelnde‘-Melodie [wurden jedoch] zu unverwechselbaren Trademarks des ORF.“[7]

Leitender Redakteurin der Seitenblicke ist seit 2018 Ines Schwandner.[8][9] Zur Redaktion gehören Sabine Spögler-Dinse, Alice Rath-Mayer, Alex. Hesse, Peter Koköfer, Marion Benda, Verena Hartlieb, Stefanie Zupan, Martin S. Pusch, Christian Reichhold und Karin Schiller (Stand 2021).

Bis zu seiner Pensionierung im Februar 1999 war Erwin Fischer verantwortlich für die Sendung.[10] 2007 übernahm Alexander Hofer, der 2018 Channelmanager von ORF 2 wurde und Edgar Böhm als TV-Unterhaltungschef interimistisch nachfolgte, die Leitung der Redaktion.[11][12]

Seit der ersten Ausstrahlung im September 1987 wurden bis zum 25-Jahre-Jubiläum der Sendung im Oktober 2012 rund 29.000 Beiträge gesendet und 79.403 Personen interviewt.[13] Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt wurde mit rund 700.000 Zusehenden eine stabile Zuseherzahl vermerkt.[14]

Zum 20-jährigen Sendungsjubiläum im Oktober 2007 wurde dargestellt, dass pro Woche mehr als 100 Einladungen an die Seitenblicke-Redaktion eintreffen, davon jedoch nur drei bis fünf Events je Abend vom den „Seitenblickern“ besetzt werden können. Bis dahin wurden für 6.359 Ausgaben 36.100 Sendeminuten gestaltet, was volle 25 Tage Sendezeit entsprechen würde. Insgesamt wurden 77.397 Menschen interviewt, woraus 24.147 Beiträgen produziert wurden.[5]

Vom Start im Jahr 1987 bis 1997 wurden im Auftrag des ORF die Seitenblicke von Otto Pammer mit seiner Pammer-Film produziert. Seit 1997 liegt die Produktion bei der Wiener Interspot Film Gesellschaft m.b.H von Rudolf „Purzl Klingohr“[5] und seinem Sohn Nils Klingohr.[1]

Die ersten Protagonisten, die für die Seitenblicke interviewt wurden, als das Format am 28. September 1987 erstmals auf Sendung ging, waren der TV-Kommissar Michele Placido (Allein gegen die Mafia) und Alfred „Django“ Rupf, Oberst der Polizei und langjähriger Leiter der Kriminalpolizei am Flughafen Wien-Schwechat, der als „Gangsterjäger“ in Österreich legendär geworden ist.[3][14][15]

Wie Robert Reumann, längstdienender Redakteur bei den ORF-Seitenblicken, im Oktober 2007 anmerkte, sei die bis dahin einzige österreichische Prominente, „die sich nie in den ‚Seitenblicken‘ blicken ließ“, die Autorin und Literatur-Nobelpreis-Trägerin Elfriede Jelinek gewesen.[5]

Für Christina Lugner hingegen, beispielhaft angeführt, die auch ohne ihren Ex-Ehemann Richard Lugner auf dem Society-Parkett mitmischen will, wäre „Das Leben […] weniger lebenswert, wenn es die ‚Seitenblicke‘ nicht mehr gäbe.“ Denn „schließlich würde man sie in Österreich ohne die ‚Seitenblicke‘ ‚sicher nicht kennen. Und das wäre doch schade.‘“[5]

Führten im Jahr 2012 die Top 10 der meist interviewten Gäste Alfons Haider, Harald Serafin und Dagmar Koller an,[14] hat sich fünf Jahre später zum 30-jährigen Sendungsjubiläum an den führenden Top 3 nichts verändert:[3]

2017: Die Top 10 der meistinterviewten „Seitenblicke“-Promis:[3]

  1. Alfons Haider
  2. Harald Serafin
  3. Dagmar Koller
  4. Marika Lichter
  5. Otto Schenk
  6. Helmut Zilk
  7. Birgit Sarata
  8. Marianne Mendt
  9. Niki Lauda
  10. Gery Keszler

2017: Die Top 10 der meistinterviewten unter 30-jährigen „Seitenblicke“-Promis:[3]

  1. Conchita, 29 Jahre
  2. Zoë Straub, Sängerin, 21 Jahre
  3. David Alaba, Fußballer, 25 Jahre
  4. Rebecca Horner, Tänzerin, 28 Jahre
  5. Alois Mühlbacher, Wunderkind, 22 Jahre
  6. Julian le Play, Sänger, 26 Jahre
  7. Victoria Swarovski, Sängerin und Moderatorin, 24 Jahre
  8. Stefanie Reinsperger, Schauspielerin, 29 Jahre
  9. Sophie Stockinger, Schauspielerin, 20 Jahre
  10. Nadine Leopold, Topmodel, 23 Jahre

2017: Die Top 10 der „Seitenblicke“-Begriffe:[3]

  1. der Red Carpet
  2. der Opernball
  3. die Laudatio
  4. der Dresscode
  5. der Zwischenschnitt
  6. Gästeliste/Zusagenliste
  7. die VIP-Area
  8. die Premierenfeier
  9. das Buffet
  10. der Marchfelderhof[4] (Deutsch Wagram)

„‚Es war schrecklich‘, sagt Lisbeth Bischoff, Seitenblicke-Redakteurin der ersten Wochen. ‚Weil die meisten uns keine Interviews geben wollten. Es hieß, man lasse sich nicht durchs Schlüsselloch beobachten. Man hat über uns die Nase gerümpft.‘ Entsetzlich, sagt Kollege Karl Hohenlohe, seien die Reaktionen gewesen. ‚Vernichtend. Sofort einstellen!‘

[…]

Binnen Kurzem zeigte sich ein typisch österreichisches Paradoxon: ‚Keiner hat es geschaut, aber bald waren wir erstmals bei einer Million Zuschauern‘, erinnert sich die heutige ORF-Adelsspezialistin Lisbeth Bischoff im Gespräch mit der ‚Presse‘ amüsiert. In kürzester Zeit kippte auch die Skepsis der beobachteten Protagonisten ins andere Extrem: ‚Man stand Schlange, wir wurden angerufen und konnten uns vor Einladungen nicht retten.‘ Kam man nicht vor, war man mitunter auch ein bisserl böse; der eine oder andere soll ein Jahr nicht mit dem ignoranten Redakteur gesprochen haben. Die erste positive mediale Kritik erschien übrigens, erinnert sich [Robert] Reumann, in der ‚Presse‘: So stelle man sich eine Gesellschaftssendung vor.“

Teresa Schaur-Wünsch: Die Presse, Oktober 2012[13]

Unter Bezug auf die in der Sendung Seitenblicke „oft und gerne“[16] vorkommenden Personen wurde die Seitenblickegesellschaft zum festen Begriff[5] für die medienpräsente Gesellschaftsschicht[17] in Österreich und fand Eingang in den täglichen Sprachgebrauch. Die erstmalige Verwendung wird Erhard Busek, dem ehemaligen ÖVP-Politiker und Vizekanzler sowie späteren Präsidenten des Forum Alpbach, zugeschrieben:[7][14]

„Dass auch die ÖVP-Regierungsriege immer stärker auf Inszenierungen und Events setzt, […] sieht Busek mit Verständnis: ‚Wir leben leider in der Seitenblicke-Gesellschaft. Die Adabei-Seiten sind die entscheidenden und die ÖVP trägt dem Rechnung.‘“

Erhard Busek: In: APA/Der Standard, 2007[18]

Als Stichwort hat die Seitenblickegesellschaft im Jahr 2009 Aufnahme sowohl im Österreichischen Wörterbuch (ÖWB) als auch im Duden gefunden:

  • „Seitenblickegesellschaft: Personen, die oft und gerne im TV-Magazin ‚Seitenblicke‘ vorkommen.“ (ÖWB[16])
  • „Seitenblickegesellschaft, die: (österr. für medienpräsente Gesellschaftsschicht)“. (Duden[17])
  • „Seitenblickegesellschaft, die: – ‹nach dem Titel einer ORF-Sendung›: Angehörige einer Gesellschaftsschicht, die oft bei gesellschaftlichen Ereignissen dabei sind und dadurch hohe Medienpräsenz haben.“ (Duden: Wie sagt man in Österreich?[19])

Red Bull Media House erhielt Lizenzen von ORF-Enterprise.

  • 20 Jahre Seitenblicke: „Vom Vergnügen zum Gemetzel“ In: Der Standard/APA, 7. November 2007. (Volltext Online.)
  • Teresa Schaur-Wünsch: 25 Jahre Seitenblicke auf Österreich: „Gesellschaft, nicht Society“. Die „Seitenblicke“, Gesellschaftspionier des ORF, werden 25. In: Die Presse, Print-Ausgabe, 16. Oktober 2012. (Volltext Online.)
  • Georg Markus (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Geschichten und Anekdoten aus 25 Jahren Seitenblicke. Amalthea, Wien 2012, ISBN 978-3-85002-808-0.
  1. ab Seitenblicke 2018 auf der Website der Interspot Film, abgerufen am 13. April 2019.
  2. Vgl. zum Beispiel:
    • Society-Löwe Richard Lugner feierte 80er. In: wien.ORF.at, 11. Oktober 2012. (Online, abgerufen am 13. April 2019.)
    • Waffenhändler und Society-Löwe Adnan Kashoggi gestorben. In: Der Standard/APA, 6. Juni 2017. (Online, abgerufen am 13. April 2019.)
    • „… Drahtzieher und Haupttäter war Udo Proksch, Society-Löwe mit besten Verbindungen in die regierende SPÖ, …“ In: Der Fall Lucona. In: Wolfgang Fürweger: Land der Skandale: Die größten Politik-Affären, Pleiten und Verbrechen der Zweiten Republik. Carl Überreuter, Wien 2019, ISBN 9783800079858, ohne Paginierung (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

  3. abcdef 30 Jahre „Seitenblicke“ im ORF. Zahlreiche Prominente beim Jubiläumsfest in den Interspot-Studios. In: der.ORF.at, 2017 (ohne Datum), abgerufen am 13. April 2019.
  4. ab Vgl. zum Beispiel:
    • Society Events auf der Website des Marchfelderhofs, abgerufen am 13. April 2019.
    • Promi-Event: Heringsschmaus im Marchfelderhof. In: News, 14. Februar 2018, abgerufen am 13. April 2019: „Den traditionellen Society-Ansturm beim wahrscheinlich “ältesten” Promi-Heringsschmaus Österreichs gibt es seit dem Jahre 1913, also seit 105 Jahren. Seit damals ist der Marchfelderhof-Künstler-Heringsschmaus einzigartiger Faschingsausklang und Höhepunkt zugleich.“
    • Marchfelderhof-Chef Gerhard Bocek lud zum 70. Geburtstag. In: VIENNA.AT – Vienna Online. Russmedia Digital GmbH (Hrsg.), 21. August 2012, abgerufen am 13. April 2019.

  5. abcdef 20 Jahre in die Society gelinst. In: wien.ORF.at, 20. Oktober 2007, abgerufen am 13. April 2019.
  6. „Der Wochenrückblick bringt die besten Sprüche und Pointen der vergangenen Tage, ein ausführliches Interview mit dem ‚Star der Woche‘, das ‚Fest der Woche‘ in Extralänge und einen ausführlichen Wochenrückblick auf das gesellschaftliche Geschehen.“ In: Seitenblicke Weekend, Sendungsbeschreibung im EPG, abgefragt am 13. April 2019.
  7. ab 20 Jahre Seitenblicke – Glanzvolle Gala in den Wiener Interspot-Studios. (Memento vom 30. März 2014 im Internet Archive) In: service.ORF.at/programm, Oktober 2007, abgerufen 13. April 2017. Darin Kasten Trademark und Wortkreation: „Darüber hinaus fand der Begriff ‚Seitenblicke Gesellschaft‘ (Copyright Erhard Busek) Eingang in den täglichen Sprachgebrauch und in die nächste Auflage des ‚Österreichischen Wörterbuchs‘ (‚Seitenblicke Gesellschaft: Jene Menschen, die häufig im TV-Magazin Seitenblicke vorkommen‘).“
  8. „Seitenblicke für Licht ins Dunkel“ und Rückblicke auf das Gesellschaftsjahr. 25. Dezember 2018, abgerufen am 29. Juli 2019. 
  9. Unterhaltungschef als nächster Härtetest für ORF. 20. November 2018, abgerufen am 29. Juli 2019. 
  10. Neue Sendungsverantwortliche für die ORF-„Seitenblicke“. In: Wiener Zeitung, 24. Februar 1999, abgerufen 13. April 2019.
  11. Alexander Hofer übernimmt die ORF-TV-Unterhaltung. Artikel vom 20. Dezember 2018, abgerufen am 29. Juli 2019.
  12. ORF-Generaldirektor bestellt Channel Manager und Chefredakteure. OTS-Meldung vom 25. Mai 2018, abgerufen am 29. Juli 2019.
  13. ab 25 Jahre Seitenblicke auf Österreich. In: Die Presse, 16. Oktober 2012.
  14. abcd ORF-„Seitenblicke“: Top 10 der meistinterviewten Promis. Bereits seit 25 Jahren macht die Sendung Österreicher zu heimischen Stars. In: News/APA, 16. Oktober 2012, abgerufen am 13. April 2019.
  15. Wolfgang Paterno: Im Namen von Oberst Rupf. Polizei: Alfred „Django“ Rupf, Coverboy der Zeitschrift „Das Beste“, Seitenblicker par excellence und berühmt-berüchtigter Kieberer am Flughafen Schwechat, tritt in den Ruhestand. In: Falter, Ausgabe 19/01 vom 9. Mai 2001. (Artikelanfang frei zugänglich, abgerufen am 13. April 2019.)
  16. ab Stichwort Seitenblickegesellschaft. In: Österreichisches Wörterbuch. 41. Aufl., Österreichischer Bundesverlag Schulbuch, Wien 2009, ISBN 978-3-209-06875-0, S. 587.
  17. ab Stichwort Seitenblickegesellschaft. In: Duden. Die deutsche Rechtschreibung. Band 1, 25. Aufl., Bibliographisches Institut, Mannheim 2009, ISBN 978-3-411-04015-5, S. 974.
  18. Busek: „Koalition ist vom Glück begleitet“. In: Der Standard/APA, 31. August 2007, abgerufen 13. April 2019.
  19. Stichwort Seitenblickegesellschaft. In: Jakob Ebner: Duden: Wie sagt man in Österreich. Wörterbuch des österreichischen Deutsch. 4. Aufl., Dudenverlag/Bibliographisches Institut, Mannheim 2009, ISBN 978-3-411-04984-4, S. 340. Darin als Beispiel angeführt: „Unsere Seitenblickegesellschaft, wo sich Menschen amüsieren, wo sie essen und trinken und lachen und flirten, diese Seitenblickegesellschaft steigert das Bewusstsein ›dem anderen geht’s besser‹ ins Unerträgliche. (ORF/Religion, 9. 12. 06, Int)“.